
Erinnerungen bewahren (2/3): Gesprochene Geschichte zum 8. Mai
30.04.2025
Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs und gilt als Tag der Befreiung. Heuer jährt sich dieses bedeutende Datum zum 80. Mal.
Anlässlich dieses Gedenktags haben drei Kund:innen der FSW Tageszentren für Senior:innen ihre persönlichen Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit mit uns geteilt. In bewegenden Gesprächen berichten sie von Verlust und Angst, aber auch von Zusammenhalt, Überlebenswillen und dem Neuanfang in einem zerstörten Land.
Diese Porträts machen sichtbar, wie sehr die Erlebnisse dieser Generation auch heute noch nachwirken – und wie wichtig es ist, die Stimmen der Vergangenheit zu hören.
Im folgenden Porträt erzählt Helmut T., Kunde im Tageszentrum Winarskystraße, von seiner Kindheit im Mühlviertel, den prägenden Erfahrungen während des Krieges - und davon, warum er gelernt hat, ohne Groll durchs Leben zu gehen.

"Widersprechen war lebensgefährlich"
Helmut T. wurde 1936 in Julbach geboren, einem kleinen Ort im oberösterreichischen Mühlviertel, nahe der deutschen Grenze. Seine Eltern waren zu diesem Zeitpunkt bereits getrennt. Die Mutter zog schon bald nach Wien, um dort als Dienstmädchen zu arbeiten und parallel eine Ausbildung zur Hebamme zu absolvieren. Die ersten drei Lebensjahre wuchs Helmut daher bei einer Pflegefamilie auf. Erst als seine Mutter ihre Ausbildung beendet hatte und einen eigenen Betreuungsbereich übernahm, begannen sie ein gemeinsames Leben.

Trotz der Umstände beschreibt Helmut seine Kindheit als gut versorgt und glücklich. Der Krieg war für ihn zwar spürbar, aber als bedrohlich empfang er diese Zeit eher selten. Die gesellschaftliche Botschaft aber war klar: Wer widerspricht, riskiert Konsequenzen. Wer sich auflehnt, gilt als Verbrecher. Die Soldaten hingegen wurden als Beschützer dargestellt, als jene, die „für uns kämpfen“.
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Verluste gehörten in dieser Zeit zum Alltag dazu. Immer wieder erreichten Meldungen über gefallene Männer die Familien. Frauen blieben zurück, mussten alleine weitermachen.
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Besonders eindrücklich sind Helmuts Erinnerungen an die Fliegeralarme: Als kleiner Bub war er oft draußen unterwegs – und wusste genau, was zu tun war, wenn die Sirenen heulten. „Dann habe ich mich in den Graben geworfen, damit sie mich nicht sehen.“
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Was Helmut T. bis heute prägt, ist die Haltung, mit der er dem Leben begegnet: kein Groll, kein Urteil. Stattdessen der Versuch, sich in andere hineinzuversetzen – zu verstehen, was Menschen bewegt.
Auch heikle Themen, wie zum Beispiel der Krieg, sollten offen diskutiert werden und waren für Helmut T. nie ein Tabu.
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Bei diesem Text handelt es sich um persönliche Erinnerungen. Die Inhalte spiegeln die individuellen Erfahrungen und Wahrnehmungen der erzählenden Person wider und erheben keinen Anspruch auf historische Vollständigkeit oder allgemeine Gültigkeit.